Tag 27 : Ioannina -> Igoumenitsa, Griechenland


der augenblick


Song des Tages : „Heast as nit?“ Hubert von Goisern


"Gesetzt, wir sagen Ja zu einem einzigen Augenblick, so haben wir damit nicht nur zu uns selbst, sondern zu allem Dasein Ja gesagt."

Friedrich Nietzsche


"... und gestern is heit worn

      und heit is bald morgn..."

Obwohl ich gestern drei Mails mit der Treffpunktfrage an die Rafting-Base geschrieben hatte, habe ich in der Früh immer noch keine Antwort. Sehr schade - ich bin echt enttäuscht, denn ich hatte mich wirklich darauf gefreut. Aber mei. Dann halt eine Planänderung, es fällt mir ja nicht schwer, mich anders zu beschäftigen... die gestrige Bergstraße hat den Umweg ja eh belohnt und das Frühstück im Sonnenlicht am See ist auch eine Freude.

In „grundgesäubertem“ Zustand werfe ich mich also in das Altstadt-Getümmel von Ioannina, um mir erstmal einen Morgen-Frappé zu suchen und stolpere dabei über alte Steine: die tolle Festungsanlage, ein superinteressantes Museum mit uralter, echt beeindruckender Moschee und das spannende dörfliche Häusergebilde begeistern mich und lassen mich spät an der Seepromenade zum Kaffee einkehren. Hier wimmelt es inzwischen von Menschen - einige sehr festlich gekleidete Familien-Gruppen feiern offensichtlich den Studienabschluß ihrer Brut. Ich fühle mich schon wieder so wohl inmitten der laut schnatternden Menge, dass ich lange sitzen bleibe. Immerhin „muss“ ich ja auch die zum Frappé gereichten Kekse mit Schokocreme genießen!

Die in meinem Plan als im Bau eingezeichnete Autobahn nach Igoumenitsa gibt es wohl inzwischen (auch wenn kein einziges Schild dorthin führt), dann nehme ich diese statt der gestrigen Bergstraße zurück: zweimal die selbe Strecke mag ich nicht fahren... Irgendwo ist irgendeine Ausgrabung ausgeschildert - nachdem ich bisher alle anderen umfahren habe, nehm ich diese alten Steine heut auch noch mit. Unvorstellbar (!), wieviele Menschen sich hier schon vor hunderten (tausenden!) von Jahren in dieser Einöde getroffen haben, um zusammen zu feiern, zu jubeln, zu leben, Zeus zu ehren... ein gutes Gefühl!

Die Autobahn ist schick, aber sehr fad mit ihrer glatten Asphalt-Decke. Langweiliges Fahren, nervt. In Igoumenitsa steuere ich an den langweiligen Sand-Strand und mache es mir abseits vom dicht bestuhlten Abschnitt so gemütlich es geht. Ziemlich angeödet sitze ich im Sand und fange gedankenlos an, zu buddeln und zu formen - fast drei Stunden später realisiere ich, wie wunderbar vertieft und frei von allen Gedanken ich irgendwelche Gebilde im Sand gebaut habe. Herrlich! Ich freue mich sehr, dass ich die Kurve zur Langeweile kratzen und die mir aus den Fingern rinnende Zeit zur totalen Tiefenentspannung, totalem „im Jetzt sein“ umwandeln konnte.

Als die meisten Strandbesucher aufgebrochen sind, stelle ich mich mit Franz noch weiter abseits zu einigen anderen Wohnmobilen, die offenbar auch übernachten wollen. Kurzes Abendessen in Franz offener Tür, einen Stuhl baue ich gar nicht auf: hier zu stehen ist nicht wirklich legal (wenn man dem großen "No Camping"-Schild glauben mag), deswegen mache ich mich ganz klein. Der gemütliche Rotwein mit den Füßen im warmen Sand am menschenleeren Strand: sehr schön - auch wenn mich die Tatsache des letzten Abends am Meer etwas wehmütig stimmt...