ach, toll
Song des Tages: „Summer is over" monday tramps (danke, niki!)
Mein Kopf ist voll - klassischer Overflow nach einem tollen Tag in einer tollen Stadt: Laut, schnell, riesig! Verwunschen, bröckelnd und verblichen - aber modern, liebevoll, spektakulär.
Und anstrengend.
Ich verzichte auf die ganzen Touristen-Tipps und zirkle wieder einfach nur so mit dem Radl durch die St. Petersburger Innenstadt. Unheimlich grandiose historische Zeugnisse stehen neben halb
verfallenen Häusern. Breite Boulevards zeugen von einstigem (Super-)Reichtum und verzweigen sich in ziemlich verlotterte Straßen. Der Markt (der bisher beste, finde ich) liegt schräg gegenüber
vom modernen Einkaufszentrum und geschlossene, verwahrloste Läden liegen Tür an Tür zu Nobelshops.
Ich sehe viele coole Bars im Souterrain, die Werbung fürs Oktoberfest im Restaurant "Bretzel", Kaffeeausschank und Fischverkauf aus Autos am Straßenrand, supernette Cafés überall, ganz selten
Bettler, kaum Lächeln, einige Betrunkene, fetteste Autos, mehrere Hochschwangere auf meterhohen Absätzen... Ich höre Lärm und quäkende Werbeausrufe überall, deutsche Schlager und "Scorpions",
rieche viel Gestank und extrem aufdringliche Parfums: Ja, es ist anstrengend, aber beeindruckend!
Und ich hab mich schon wieder ein bisschen in eine Stadt verliebt und ein Ziel mehr auf meiner Wochenendreisen-Wunschliste. Ein bisschen auch verliebt in die total verschlossenen Gesichter, die
sich erst dann öffnen, wenn sie angesprochen werden. Kein (!) Zurücklächeln im Vorbeigehen, quasi kein Augenkontakt - aber der junge Mann, der mir spontan hilft, mein (zum hundersten Mal)
abgefallenes Pedal wieder dran zu schrauben, die Bäckereiverkäuferin, die mir ganz freundlich erklärt, wie man hier bestellt und bezahlt. Die drei U-Bahn-Wachmänner, die mir erst über die
Handy-Übersetzungs-Funktion klar machen, dass das Fahrrad nicht unverpackt durch die Sperre darf und mich dann doch (sehr gnädig) durchwinken. Und der unheimlich nette Typ, der sich mit seiner
Frau und mir den schönsten Platz auf den Touri-Boot teilt und mir dann im perfekten Englisch wahnsinnig lustig erklärt, wie die Russen ticken...
Lauter Freundlichkeit, aber erst auf dem zweiten Blick. So empfinde ich auch St. Petersburg: abweisend im Gesamten, liebenswert im Detail. Ein echter Reisetipp!