Tag 2: Durres -> Freistehen am Meer


song des tages: "come as your are" nirvana - unplugged


Die Nacht auf dem Meer war mittel: ich wollte ja romantisch draussen an Deck schlafen - aber ehrlich gesagt hat mich dann mein Bauchgefühl nach innen geschickt: es fühlte sich einfach nicht gut an, mich als die einzige Alleinreisende unter hunderten Truckern irgendwo möglichst abseits ins Dunkle zu legen. Der einsetzende Regen und der wirklich zu kalte Wind haben mich bei der Entscheidung unterstützt. Also lag ich in meinem superkuschligen Schlafsack in der Ecke irgendeines Raums (obwohl mir der nette Steward noch eine Kajüte im 20-er Schlafsaal angeboten hat. Nur 5 Euro - iiiih, nee, Danke!) Mit der Kapuze über den Kopf habe ich mich von albanischer Popmusik, kartenspielenden Männern, lautstark zufallender Tür (direkt neben meinem Ohr) und dem ohrenbetäubendem Dieselbrummen schon früh in den Schlaf "singen" lassen - und hab bis zum Sonnenaufgang ganz wunderbar geschlummert.

 

Entsprechend der einstündigen Verspätung bei der Abfahrt landet die Fähre um 10 Uhr entspannt in Durrës. Das Abladen geht relativ flott (ich komme aus dem Deck, knapp bevor mich die hundert laufenden LKW-Motoren vergiften konnten), die Grenze ist mit einem flüchtigen Blick auf den Personalausweis (Germania gut!!) schnell durchfahren, mit meinem deutschen Kennzeichen muss ich (anders als die Italiener) keine zusätzliche Versicherung kaufen und darf mich gleich ins Stadtgetümmel werfen. Und dann hupe ich erstmal lautstark beim ersten Stau im Kreisverkehr mit!

 

Durrës finde ich gut: eIne volle, hochbetonierte Stadt entlang des Meeres. Von der palmenbewachsenen Promenaden-Straße zweigen kleine Pfade zum Meer, der Strand ist überraschend sauber und es wird alles geboten: fliegende Händler, eine Art Klamotten-Flohmarkt, Spielplätze, Musik, unendlich viele Strandcafés... Die Tretboote werden gerade frisch gestrichen, die Sonnenschirm-Ständer wieder eingegraben, die Bars sind voller Handwerker: ich hätte null Lust, hier im Sommer zu sein, aber jetzt ist es toll!

 

Nach Geldwechsel und leckem Börek (hmmm!) sehe ich im Café Frauen sitzen. Jetzt bin ich zum dritten Mal in Albanien und sehe erstmalig Frauen ganz selbstverständlich Kaffee trinken. Da setze ich mich dazu, schlürfe an meinem (Sahne-) Cappuchino und komme dann mit der jungen Frau ins (englische) Gespräch. Sehr süß! Also: es ist ganz normal, dass alle Frauen (Teilzeit) arbeiten und ich dürfe in Albaniens Städten locker so viel Kaffee trinken, wie ich will: alles normal. Super!

 

Ich fahre eine ganze Weile die super ausgebaute Autobahn in südlicher Richtung entlang der Küste, ohne etwas vom Meer zu sehen, biege dann nach Gefühl (und Tipp aus einem Buch) ab. Obwohl es kilometerlang nicht den Anschein macht, dass ich hier wirklich zu einem guten Ende finde, folge ich der angegebenen Richtung. Mit vielen Abstechern, Sackgassen, kleinen Brücken, rumpeligen Schotterpisten und holperigsten Minipfaden (würde ich fast als tadschikische Straßenverhältnisse bezeichnen) finde ich ein Paradiesplatz. Wow!! Ich bin beglückt, stelle mich abseit dreier anderer Busse und bin voller Freude über dieses Glück, diesen Platz gefunden zu haben. Schnell komme ich mit den anderen ins Gespäch und es wird mit Österreichern, Münchnern, Norddeutschen und einem Belgier ein wahnsinnig schöner, interessanter Abend am Lagerfeuer! Herzbegegnung. Danke, Ihr alle!