song des tages: "can't take it no more" meister Lampe
Auf dieser Tour möchte ich mir mal Zeit lassen, mich langsam bewegen, mir viel ansehen, einfach SLOWenien. (Spitzen Wortspiel!)
Als perfekten Einstieg wähle ich den anstrengenderen, aber fahrtechnisch schöneren Weg über den „Wurzenpass“. Direkt hinter Villach ist der Abzweig gut ausgeschildert – gleichzeitig warnen große Tafeln, dass diese Strecke über viele Kilometer mit bis zu 18% Steigung wartet, die größeren Mobilen und Gespannen nicht empfohlen und nicht erlaubt ist. (Diese kommen über den leicht zu fahrenden „Predilpass“ von Italien aus nach Bovec.)
Und der Pass zeigt gleich zu Beginn, was er kann: schon nach ein paar Metern muss ich in den ersten Gang zurückschalten und stelle sogleich das (wahrscheinlich extrem nervige) Hindernis für die nachfolgenden Sportwagen dar. Ich habe nicht daran gedacht, dass Wochenende ist und diese Strecke damit für „Sonntags-Fahrer“ als Ausflugsziel prädestiniert ist... Tja: alle schnelleren müssen sich gedulden, bis ich immer wieder an den Rand fahren und sie vorbeiwinken kann – was sich nicht oft wiederholt, denn auf dieser Steigung den Kasten zu stoppen, um dann neu anzufahren, ist eine Herausforderung. Ein Flachländer (Belgier) sitzt mit hochrotem Kopf in seinem Kleinwagen und müht sich, los zu kommen, würgt immer wieder ab... Im vorbei „heizen“ (in Schrittgeschwindigkeit) kann ich ihn in seiner Verzweiflung beobachten und sehe zugleich, wie ihm der hinter mir kriechende Österreicher zur Hilfe kommt. Ich genieße die Kehren, den Wald, die Langsamkeit, ich grinse breit und lasse mich in Ruhe von Franz hoch tragen. Immer mit Blick auf seine Temperaturanzeige und mit vielen lobenden Worten.
Um meinem Van eine Pause zu gönnen und weil ich einfach neugierig bin, mache ich Stopp beim „Bunkermuseum“. Der kleine, steile Fußmarsch zum Eingang tut mir gut und Franz darf derweil im Schatten abkühlen. Ich bin echt überrascht: im abgelegenen Wald hat der Privatmann Mag. phil. Andreas Scherer die (in den 60ger Jahren erbaute) Stellungsanlage des kalten Krieges (in der er selbst stationiert war) erhalten. Ich lasse mir vom netten Kassenmann (7,50 Euro Eintritt für Erwachsene) ganz viel erklären, betrachte im Museumsshop wieder einmal kopfschüttelnd die angebotenen Kriegsspielzeuge und originalen Atemschutzmasken, Helme, Spaten, Munitionskisten... wer kauft etwas, das mit Tod, Leid und Angst zu tun hat? Auch wenn es, wie ich höre, nur um Technik-Faszination und Sammelspaß zu tun haben soll... Ich betrete schaudernd die erhaltenen Bunker, folge dem Schützengraben, sehe die Geschütze und bekomme Gänsehaut vor Grusel, als ich mich in einen Panzer setze. Im Gästebuch bedanke ich mich für „Geschichtsunterricht in Farbe“ und zünde im Geister eine Menge Kerzen mit der Bitte um Frieden an...
Im wirklich netten Ort Kranjska Gora gönne ich mir einen Blick ins Zentrum: wandern und radeln stehen hier ganz oben auf dem Plan. Sieht schön aus und fast bleibe ich hier. Das „Camping verboten“-Schild auf dem von der App Park4Night angezeigten Stellplatz würde mich nicht hindern, aber ich will zum „meinem Fluss“ und zum Paddelcamp.
Einige steile Kurven später treffe auf den Jasna See und bin völlig erstaunt, wie belebt diese eigentlich weit entfernte Ecke ist. Das letzte Mal (vor 5 Jahren) war hier eine verfallene Wirtschaft und vereinzelte Wanderer beim Baden. Heute ist der riesige Parkplatz übervoll, und ich finde wegen der Höhenbegrenzung keinen Platz zum Halten. Schade, denn das schicke Café mit Holzterrasse, die stylische Imbissbude und der Strand würden mich sehr locken... Aber es ist halt Sonntag.
Der Wurzenpasses hat sich in Kranjska Gora in den Vrsicpass verwandelt, der auf gleicher Straße folgt. Auch der mit über 1.600 Metern höchst gelegene Punkt ist von Selfie-Knipsern nervig belagert, der Verkehr staut sich hinter einem PKW, der ein Schaf unter die Räder gebracht hat (wie da passieren kann, wo man hier doch wirklich in Schrittgeschwindigkeit unterwegs ist?) und von Ruhe ist keine Spur, so dass ich leider eilends das Weite suche. Weiter im ersten Gang rolle ich die restlichen, teils sehr steilen 26 Kehren hinunter, bis ich freudestrahlend auf „meine“ Soca stoße. Eine Abkühlung in einer Gumpe ist ersehnte Pflicht (mit unterdrücktem Kreischen vor dieser Kälte!) und ich folge der Straße entlang des wunderschönen Flusses bis zum Ort Bovec, wo ich mich ein paar Tage zum Wildwasserpaddeln aufhalten werde. Heimat.
Ich wohne auf der tollen „Kamp Klin“ und nehme ihn sogleich als einen meiner Lieblingsplätze in dieser Gegend auf. Wenige Plätze im Socatal haben einfach-direkten Wasserzugang und hier kann man von gleich zwei Gewässern direkt am Ufer sitzen, weil dieser Platz idyllisch zwischen dem kleinen Lepenjica-Flüsschen und der Soca liegt.
Und ich bleibe auf meiner Picknickdecke, bis es dunkel wird und höre das Rauschen, sehe das Farbenspiel des Wassers, während die Sonne hinter dem Berg verschwindet und bin einfach nur in Ruhe an diesem Platz.